Aktionstag 2008

 

Hintergrund


Auch wenn man es nicht glauben mag – „Ey, du scheiß Schwuchtel!“ oder „Ey, du alte Fotze“ sind gar nicht seltene Beschimpfungen am Millerntor. Solch sexistische oder homophobe Beschimpfungen haben weder am Millerntor noch im Fußball allgemein etwas zu suchen.

Denn wenn Bibiana Steinhaus als Fotze beschimpft wird, steckt meistens das Bild dahinter, dass Frauen im Fußball nichts zu suchen haben. Und wenn Schiedsrichter aufgrund ihrer schlechten Leistungen oder die gegnerischen Fans als schwul tituliert werden, wird ja nicht auf deren sexuelle Orientierung angespielt. Vielmehr steckt dahinter ein Weltbild, dass schwul sein als schlecht, ekelhaft und des Fußballs nicht würdig ansieht. In vielen Köpfen ist Fußball eben noch das Spiel des weißen, heterosexuellen Mannes.

Daher haben wir uns vom Aktionsbündnis entschieden, die FARE-Aktionswochen unter dem Motto „Fußball – das Spiel des weißen, heterosexuellen Mannes?!“ zu nutzen, um Euch auf das Thema aufmerksam zu machen. Neben dem Flyer werden auch Fans und Spieler des FC St. Pauli vor dem Anpfiff zu diesem Thema Stellung nehmen.

Wie dringend nötig dieses Thema am Millerntor ist, haben wir im letzten Jahr erfahren. Der Aktionstag gegen Homophobie wurde von vielen unterstützt, gleichzeitig mussten sich unsere Helfer aber auch Bemerkungen anhören, was denn ein „solcher Schwuchtelkram“ bei uns zu suchen hätte.

Der Flyer

 

Näheres zu den Beispielen auf dem Flyer

  1. Schweizer Spieler würden nicht nicht mit Schwulen duschen!
    Hier wurden Profi-Spieler aus der Schweiz, die auch in Deutschland nicht ganz unbekannt sind, gefragt, was Ihnen zum Thema Schwule im Fußball einfällt - mit erstaunlichen Ergebnissen. (Mehr Info)

  2. Bremer Fans diskutieren, ob man einen schwulen Spieler verpflichten könne!
    Vorweg sei gesagt: Diese Diskussion könnte man in jedem Fan-Forum finden. Hierbei ging es um die Ver-pflichtung des Brasilianers Richarlyson. Dieser war ohne eigenes Zutun im Mittelpunkt einer absurden Diskussion im brasilianischen Fussball, an deren Ende ein Richter erklärt, dass Schwule im brasilianischen Fussball nicht zu suchen hätte. (Link dazu)
    Ebenso absurd war dann die folgende Diskussion dazu im Bremer Fan-Forum. (Link dazu interessant ab Beitrag 25)

  3. Christoph Daum sorgte sich beim Thema Schwule öffentlich um den Nachwuchs
    Zu diesem Thema, das in der Medienlandschaft aus-führlich diskutiert, seien noch 2 Dinge erwähnt. Erstens zeigt dieses Beispiel, wie schnell Schwule in der öffent-lichen Diskussion nur auf Sexualität und sexuelle Begier-den reduziert werden und zweitens hat sich Herr Daum ja öffentlich entschuldigt und ein fruchtbares Gespräch mit dem schwul-lesbischen Fanclub der Kölner gehabt. (Mehr Info)

  4. Homophobe Fan-Gesänge - einige Beispiele aus der weiten Welt des Internets:
    Alle Mainzer sind Schwul
    Schwuler Holländer
    Schwule Lausitzer
    Jena is gay
    Wer sucht, der findet bestimmt noch mehr.

  5. Beispiele aus der St. Pauli-Fanszene
    Auch bei uns kommen sexistische und homophobe Sprüche vor. Gerade deshalb halten wir diesen Aktions-tag für besonders wichtig.
    So haben einige St. Pauli-Fans beim Pokal-Spiel in Aue versucht, ein Lied über schwule Auer anzustimmen.
    Wenn Bibiana Steinhaus am Millerntor pfeift, ist für manche „Fotze“ noch eine der netteren Formulierungen.
    Und im letzten Jahr mußten sich einige Helfer anhören, was den so ein „Schwuchtelkram“ am Millerntor zu tun hätte.
    Von daher gilt es auch in unserer Fanszene, genau hinzuschauen.

  6. Im Oktober 2008 degradiert der „braun-weiße Frauentag“ die weiblichen St. Pauli-Fans zu Blumenmädchen
    Schließlich können wir uns es dann doch nicht verkneifen, einen kleinen Kommentar zu dieser Marketingaktion zu verfassen.
    Wir halten diese Aktion zwar nicht für übermäßig sexistisch - allerdings vermittelt diese Idee ein Frauenbild, dass mit dem Selbstverständnis vieler weiblicher St. Pauli-Fans, die seit Jahren Dauerkarten haben, nicht in Einklang zu bringen ist.
    Mal ganz abgesehen davon, dass diese Frauen und Mädchen, die ja seit Jahren das Bild am Millerntor ganz entscheidend prägen, von dieser Aktion gar nichts haben, kämpfen Frauen im Fußball seit Jahren darum, ernst genommen zu werden.
    Frauen haben sich das Recht erkämpft, im DFB überhaupt Fußball spielen zu dürfen. Die Erfolge der Fußballerinnen werden nach und nach immer mehr anerkannt und mittlerweile mit Geldprämien statt mit Kaffee-Servicen belohnt. Frauen-Fanclubs werden gegründet und viele Frauen und Mädchen gehen wegen des Fußballspiels ins Stadion und haben verdammt viel Ahnung davon - und sind nicht mehr nur Anhängsel ihrer Männer und Freunde oder kommen nur, wenn man ihnen „charmant“ Blumen überreicht.
    Und ausgerechnet jetzt kommt der FC St. Pauli mit einer Aktion, die schon in den 80-ziger Jahren des letzten Jahrhunderts den Zeitgeist weit verfehlt hätte. Nichts gegen Blumen überreichen oder Charme - Aber diese Aktion ist weder Charmant noch kultig - für viele Dauerkartenbesitzerinnen ist diese Aktion eher ein Ärgernis.